Ein großer Felsen im Wald

Ich joggt weiter den Weg entlang, bis ich zu einem großen Felsen gelangte, der dort mitten im Wald stand... oder lag?
Egal.
Er war einfach da.
Ich setzte mich vor den Felsen und lehnte mich mit geschlossenen Augen an.
Ich war recht weit im Inneren des Waldes, immernoch im Camp, aber weit genug, dass hier nicht alle fünf Minuten Jemand vorbei lief.
Ich atmete tief durch und versuchte meine Gedanken zu ordnen und zählte die Fakten auf.
Erstens: Dieser Junge namens Perry hatte sich in einen schwarzen Wolf verwandelt.
Zweitens: Ich konnte Gedanken lesen und nach Holiday und Burnett vielleicht noch mehr.
Drittens: Ich war eine Fee.
Schwachsinn, so ein Schwachsinn. versuchte sich meine Gedankenstimme wieder rauszreden.
Das mit Perry könnte auch ein billiger Trick gewesen sein und das mit dem Gedankenlesen eine akustische störung oder so.
Und ganz ehrlich du ein Fee?
Wo sind denn dann Flügel und Zauberstab?
Diese Erklärungen waren nicht einmal gar so schlecht und ich wollte es auch wirklich glauben, aber es war als hätte ein Teil von mir es schon immer gewusst und nur darauf gewartet hätte, dass der Rest es auch endlich checkte.

Nach einer Weile war ich auf einen Baum geklettert und sprang so durch den Wald.
Es war sehr ruhig, scheinbar waren keine Camper in der Nähe.
Ein paar Sekunden nach dem Gedanken lief ein blonder Junge vorbei.
Mit einem violetten Schimmer in den Augen sprang ich ihm leise nach.
Mal sehen wo er hin wollte.
Der Junge ließ sich auf dem Felsen nieder und ich beobachtete ihn von meinem Ast aus.
Ich hatte ihn hier noch nie gesehen, also schloss ich dass er neu war.
Mit einem Augenbrauen zucken las ich sein Gehirnmuster.
Fee also.
Ich kletterte vom Baum und verwandelte mich zurück.
Hey., sagte ich mit schief gelegtem Kopf und violett schimmernden Augen.

Ich riss die Augen auf, als mich plötzlich Jemand ansprach.
Ein schwarzhaariges Mädchen mit einem seltsamen violetten Schimmer in den Augen stand plötzlich vor mir.
Seit wann stand sie da?
Ähm, hi. sagte ich und versuchte dabei freundlich zu klingen und nicht als wäre ich in "verschwinde gefälligst"-Laune.
Auch wenn ein Teil in mir sich immer noch dagegen sträubte die Ganze Sache anzunehmen kamen in mir Fragen wie "Was ist sie Wohl?" auf.
Aber ich hielt den Mund, da es vielleicht unhöflich war zu fragen.

Ich grinste kurz.
Ich hab dich hier noch nie gesehen. Du bist neu stimmts?, fragte ich weiter.
Das Violett in meinen Augen verstärkte sich noch etwas.
Mit einem Schritt rückwärts lehnte ich mich gegen den Baum.
Es war sonst komplett Still im Wald, was wirklich nicht oft der Fall war.

Ja, das.. kann man so sagen.
Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht.
Die Zeit rückwärts zu drehen und alles ungeschehen machen, das wäre eine coole Fähigkeit. dachte ich mir und meine Gedankenstimme stimmte zu.
Ich musterte wieder das Mädchen und die Frage nach ihrer Art stieg wieder in mir hoch.
Ich öffnete den Mund, um zu fragen, schloss ihn dann aber wieder.
Es konnte ja immer noch sein, dass die Frage als unhöflich galt und ich wollte mir nicht gleich Feinde machen.
Weder in diesem Camp... noch in dieser neuen Welt...

Falls du dich gerade fragst was ich bin, ich bin Gestaltenwandlerin. Und du Fee, laut deinem Gehirnmuster., sagte ich.
Mein Blick huschte im Wald herum.
In der Ferne konnte ich jetzt ein paar Leute hören, die wahrscheinlich am See waren.
Die Sonne wandte sich langsam zum Untergang.
Glaubst du das alles was Holiday dir erzählt hat?, fragte ich aus reinem Interesse.

Ah Gestaltwandlerin...
Ich zuckte mit den Schultern.
Ich weiss nicht so wirklich, ob ich es glaube...
Ein Teil von mir schon, ein anderer nicht.
Da ist jetzt die Frage, welchem ich mehr vertraue. Ich musste schief lächeln.
Vertrauen war noch nie meine Stärke gewesen, weshalb auch kaum Jemand um meine privateren Probleme wusste.
Meine Gedanken kehrten zurück zu dem, was in der Hütte geschehen war.
Ich habe Holidays Gedanken gelesen.
Aber um das wirklich glauben zu können brauchte ich noch eine Bestätigung.
Denk mal an etwas, egal was. bat ich das Mädchen und hoffte insgeheim nichts zu hören.

Ich hob eine Augenbraue und sah den Jungen an.
Die Wölfe sollten bald los sein. Wortwörtlich., dachte ich.
Das war der erste Gedanken der mir in den Sinn gekommen war.
Meine Augen bekamen jetzt noch einen blaustich.
Ich sah den Jungen wartend an, da ich nicht wusste wieso er mich darum gebeten hatte.

Verdammt.
Ich hatte sie gehört.
Ich biss mir erneut auf die Lippe und ignorierte den Schmerz einfach.
Meinst du die Werwölfe?
Dieser Lucas Parker ist doch auch einer oder? Ich versuchte in normalem Plauderton zu sprechen, so als hätte sie es gerade laut ausgesprochen.
Ich sah in ihre Augen, die nun blau waren.
Kann man an der Augenfarbe von Gestaltwandlern ihre Stimmung ablesen? schoss es mir durch den Kopf.
Ein Frage die ich später irgendwann einmal stellen würde, wenn die allgemeine Verwirrung sich gelegt hätte-

Meine Augen weiteten sich vor Überraschung etwas und nahmen wieder die Violette Farbe für Neugier an.
Ja mein ich. Und ja ist er. Du kannst Gedanken lesen?, fragte ich mit schief gelegtem Kopf.
Von Feen die Gedankenlesen konnten hatte ich mal gehört, aber noch keine getroffen.
Oder einfach nicht bemerkt, dass sie es konnten.

Wies scheint schon. sagte ich wieder schief lächelnd.
Und Holiday und Burnett meinten, dass sich da noch mehr Fähigkeiten entwickeln können...
...und ich noch mehr zu Freak werde. Fügte ich in Gedanken hinzu.
Ich hoffe nur, dass ich das irgendwie abstellen kann, sonst hör ich unfreiwillig alle Gedanken, die in diesem Camp gedacht werden.
Ich stand auf.
Mein Name ist übrigens Cody.

Ich stellte mir vor wie es wäre alle Gedanken im Camp zu hören.
Alle Gedanken im Camp wären auf Dauer sicher nervig.
Grinsend stieß ich mich vom Baum ab.
Ich bin Cora.
Meine Augen nahmen ihre "normale" Grün-Blaue Farbe an.
Mit einem leichten Lächeln sah ich mich im Wald um.
Langsam wurde es dunkler.
Die Wölfe sollten sich wirklich bald verwandeln. Immerhin ist Vollmond., murmelte ich.

Solange die mich nicht fressen ist mir alles recht. sagte ich und sah mich auch ein wenig um.
Auch wenns sicher interessant wäre, was die beim Fressen denken. sagte ich lachend.
Ich verschränkte wieder die Arme und sah Cora an.
Wie ist es eigentlich so als Gestaltwandlerin?
Eine eher belanglose Frage, aber dennoch interessierte mich ihre Antwort.
Mit schif gelegtem Kopf wartete ich auf ihr Antwort.

Ich schüttelte lachend den Kopf.
Was Wölfe beim Fressen dachten wäre eigentlich wirklich interessant.
Ich finds super. Meine Eltern sind beide Gestaltenwandler darum wusste ich von Anfang an zu was ich fähig bin. Es ist praktisch wenn du schnell wegrennen musst und das alles halt. Oder einfach deine Ruhe willst, dann kannst du dich als Maus irgendwo verkriechen.
Während ich das sagte sah ich zuerst im Wald herum und dann wieder zu Cody.
Ich hab das früher immer ausgenutzt und tu das jetzt auch noch. Darum hast du mich vorhin auch nicht bemerkt., sagte ich grinsend.
Weißt du eigentlich schon in welcher Hütte du bist?
Diesmal legte ich meinen Kopf auch leicht schief.

Ich nickte kurz, als sie mir antwortete.
Das klang wirklich cool.
Und was konnte ich?
Die Gedanken anderer hören... super.
Ich sah die ganzen Geheimnisse und Verschwörungen schon kommen.
Ähm, ja, ich bin Wohl in Hütte 1 mit Lucas und Perry. antwortete ich dann auf ihre Frage.
Lucas kannte ich jetzt schon und er wirkte ganz nett.
Perry kannte ich bisher nur vom sehen und er schien ein wenig... aufgedreht zu sein.

Ich hob grinsend beide Augenbrauen.
Perry und Lucas also.
Perry ist ein kleiner Witzbold. Trau nicht immer jedem Tier dass dir über den Weg läuft, es könnte immer Perry sein., meinte ich.
Meine Gedanken schweiften kurz ab zu dem Tag als ich Perry kennen gelernt hatte.
Er hatte sich in einen Babywolf verwandelt und mich so ausgetrickst.
Aber sonst ist er echt okay., fügte ich dann noch hinzu.

Willkommen in unserer neuen Welt, wo du nicht einmal den Tieren trauen darfst. gab meine Gedankestimme von sich.
Will ich für ihn hoffen, immerhin höre ich seine Gedanken und damit auch all seine Geheimnisse.
Ein fieses Lächeln glitt mir übers Gesicht.
Ich war nicht unbedingt Jemand, der sich einen unfairen Vorteil verschaffte oder grade zu bösartig war, im Gegenteil half ich so gut wie allen, aber wenn Jemand versuchen würde mich zu verarschen würde er sehen, was er davon hat.

Könnte nützlich sein.
Die Sonne ging weiter und langsam aber sicher wurde es dunkler.
Und wie gefällt es dir sonst im Camp?
Eine komplett normale Frage die ich wieder aus reinem Interesse fragte.

Ich zuckte erneut mit den Schultern und sah aus unerfindlichen Gründen zum Himmel.
Ich hab bisher ja noch nicht viel gesehen.
Aber allein, dass es hier so einen coolen Wald gibt räumt dem Camp ne Menge Pluspunkte ein. sagte ich und lächelte wieder.
Wälder waren für mich eine Art Fluchtort, Orte, wo ich immer mit meinen Gedanken allein sein konnte, wo ich meinem Waisendasein entkommen konnte.

Wälder sind immer gut. Aber der See hier ist auch schön.
Ich fragte mich gerade wann die Wölfe sich wohl verwandeln würden als ich ein Heulen hörte.
Rein aus Instinkt verwandelte ich mich in einen kleinen Vogel und flog auf den Fels.
Dort verwandelte ich mich zurück und setzte mich hin.
Sorry. Ich weiß nicht wie Wölfe drauf sind wenn sie sich verwandelt haben., meinte ich an Cody gewandt.

Ich guckte sie erst verdutzt an und fing dann an zu lachen.
Tut- tut mir Leid. sagte ich als ich mich einigermaßen wieder eingekrigt hatte.
Ich wischte mir eine Lach-Träne aus dem Augenwinkel und sah zu ihr hoch.
Meinst du da oben ist noch Platz?
Ich brauchte ihre Antwort gar nicht abzuwarten, da einer ihrer Gedanken mir die Bestätigung gab und mit mehr oder weniger gekonnten Bewegungen kraxelte ich den Felsen hinauf.
Oben angekommen setzte ich mich und genoss den Ausblick.

Ich guckte ihn gespielt böse an.
War jetzt so lustig dass ich mich in einen kleinen Vogel verwandelt hab oder dass ich generell vom Boden geflüchtet bin?
In der Ferne hörte man ein paar Gestalten herum laufen.
Wölfe waren eigentlich eine meiner Lieblingstiere, aber ich wusste wirklich nicht wie Werwölfe drauf waren.

Beides irgendwie. sagte ich und musste mich beherschen nicht wieder loszuprusten.
Und keine Sorge, Niemand in der Nähe, der vor hat ein paar Vögel zu rupfen. zog ich sie auf.
Dann wurde ich wieder ernst.
Wie es wohl sein muss sich jeden Vollmond zu verwandeln... überlegte ich laut.
Besonders einfach schien es ja nicht zu sein und ungefährlich schon gar nicht, nachdem was Lucas im Bus für einen Aufstand gemacht hatte.

Na hoffentlich..., murmelte ich.
Mein Blick schweifte kurz durch die Gegend.
Erzählungen zufolge soll es cool sein. Allerdings wissen die Wölfe manchmal nicht genau was sie tun. Kann aber auch sein dass ich mir irre. Ich merk mir solche Dinge nicht besonders gut., sagte ich etwas zerknirscht.
Das war typisch ich.
Ich merkte mir jeden Blödsinn aber wichtigere Dinge fast nie.
Gedankenverloren sah ich hoch zum Mond.